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1. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. I

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
Lehrbuch m 2h für den Geschichts-Anterricht an Oberlyzeen und Studienanstalten Von Dr. O. Kästner und Dr. G. Brunner Direttor des Städtischen Lyzeums und Ober- Oberlehrer am Städtischen Lyzeum und Oberlyzeums in Landsberg a. d. Warthe lyzeum in Landsberg a. d. Warthe Zweiter Teil: Klasse Iii Ausgabe B für Studienanstalten Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden ;• - :. .: Mit 6 Karten /? c,.<- Frankfurt am Main Verlag von Moritz Diesterweg

2. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 132

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
132 I. Die Renaissance. sonders Selbstbiographien im Stil antiker Rhetoren. Auch die Kleidung, die früher den Vertreter einer bestimmten Gruppe verriet, mußte jetzt individuell sein, und bei Malern wie Bildhauern spielen Körpervorzüge, Mienenspiel, Charakterköpfe und Gestikulationen als Zeugnisse seelischer Vorgänge eine bedeutsame Nolle; man denke an Michel Angelos „David" und „Moses", Leonardos „Abendmahl" und Dürers „Apostel". Wieviel schärfer und individueller die Bewegungen und Züge als bei den gleichförmigen, gebundenen Gattungsexemplaren mittelalterlicher Gotik! Zn der Literatur schoß bei solcher Hervorhebung des Persönlichen neben dem Lobgedicht leicht auch der Spottvers empor, und die bis Brandt ständische Satire nahm nun persönliches Gepräge an; so bei Luther und Murner. Des Einzelmenschen starke und schwache Seiten verbreiteten fliegende Blätter und Holzschnitte. Angesichts solcher Wertschätzung des Individuellen verblaßten leicht auch die Unterschiede der Geburt und des Standes, und der Thüringer Bergmannssohn konnte zum nationalen Äelden werden. Auch die Frau nahm an dem Wandel teil und trat, wie einst im Perikleischen Zeitalter, wenigstens in den romanischen Ländern, manchmal gleichgebildet neben den Mann, um an der Unterhaltung über Lebensfragen Anteil zu nehmen (Tasso). Zn der neuen „gebildeten Gesellschaft" verfeinerten sich die Sitten, erwachte Freude am sprachlichen Ausdruck, und ein Streben nach Schönheit und Reflexion durchzog das gesamte Leben. Bei solcher Wendung ins Künstlerische schwand freilich vielerorts Religiosität und Moral. Die sittliche Bewertung erschien dem Gebildeten als Vorurteil, an dessen Stelle der Durst nach Ansehen, Schönheit und Macht trat, und die „Staatsraison" erzeugt in Ztalien jene tyrannischen Kraftmenschen, die von der Kunst der Zeit mit besonderer Vorliebe gefeiert werden. So groß wurde in dem ausgeprägt ästhetischen Zeitraum die Selbständigkeit des Schönen gegenüber dem Guten. Zn Deutschland, wo die Kunst nicht in gleichem Maße das Leben durchdrang, führte die Erschütterung des hergebrachten vielfach zur sittlichen Verwilderung; welch starker Sinnengenuß, von dem auch die Besten der Zeit keine Ausnahme machen, anläßlich der Familien-und Schützenfeste! Obrigkeit und Kirche suchten durch strenge Verordnungen und geißelnde Predigt dem „Teufel" in seinen zahlreichen Gestalten zu wehren, und humanistisch geschulte Volksredner und Volksdichter wie Geiler und Ä. Sachs zogen in Satire und Fastnachtsspiel gegen Luxus und Genußsucht zu Felde. Dabei tritt übrigens die vornehmlich lehrhafte, besonders auf Besserung im Volksleben, in Erziehung und Unterricht gerichtete praktische Art der deutschen Äumanistenkreise anschaulich zutage, die sich im Unterschied von den

3. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 51

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
I. Das theokratische Weltreich Karls des Großen. 51 und das alte Erzbistum Salzburg ermöglichten es bayrischen Ansiedlern, donauabwärts und in die östlichen Alpentäler vorzudringen; so wurde der größte Teil der heutigen österreichischen Kronländer geräuschlos germanisiert. Auch in Italien am Garigliano und in Spanien am Ebro entstanden Marken: nach allen Seiten war die Grenze des Reiches wohl gedeckt. Während Karl durch straffe Organisation des Reiches den Frieden nach außen und innen zu wahren und wachsendem Wohlstände die Wege zu ebnen suchte, war er auch auf die Pflege des Geisteslebens bedacht. Zwar für das Volk mußte die Kenntnis des Vaterunsers und des Glaubensbekenntnisses genügen, doch wenigstens die Umgebung des Königs sollte von antiker Bildung berührt werden. Dementsprechend erbaute er das Aachener Münster nach byzantinischoberitalienischem Muster, wie er es in der Kirche zu Ravenna fand. Er zog die bedeutendsten Gelehrten, welche die abendländische Christenheit damals aufzuweisen hatte, an seinen Äof und errichtete zur Heranbildung der künftigen Bischöfe und Beamten eine Äofschule, die der Angelsachse Alkuin leitete. Auch der Langobarde Paulus Diakonus, der uns in seinem Geschichtswerke von den Sagen und Liedern seines Stammes aus der Zeit der Völkerwanderung Kunde gibt, ferner der Franke Einhard, der nach dem Vorbilde von Suetons römischen Kaiserbiographien Karls Lebensbild verfaßt hat, und andere Paladine lebten auf den Pfalzen. Auch in den Klöstern fielen Karls Bemühungen um das geistige Leben auf fruchtbaren Boden; hier entfaltete sich bald eine reichere schriftstellerische Tätigkeit. Auszeichnungen der wichtigeren Ereignisse in der Form von Jahrbüchern (Annalen), die für den Geschichtsforscher von größter Wichtigkeit sind, wurden ausgiebiger angelegt und verbreitet; sie wurden in allen Klöstern üblich; für die Reichsgeschichte sind die von Lorsch, Fulda und später von St. Gallen besonders bedeutsam geworden. Neben der Sorge für die klassische Bildung aber wendete Karl seine Aufmerksamkeit auch der heimischen Volksart zu. Er veranlaßte eine Sammlung deutscher Heldenlieder, die aber leider nach seinem Tode kirchlichem Eifer zum Opfer gefallen ist. So wußte Karl antike Bildung, christlichen Glauben und nationale Kulturelemente ungezwungen zu einem einheitlichen Ganzen zu verweben. Der besonderen Fürsorge des Königs erfreuten sich die kirchlichen Angelegenheiten. Die Ernennung der Bischöfe und Abte erfolgte nur nach sorgfältiger Prüfung der Persönlichkeiten. Die Königsboten hatten auch Leben und Wirken der Geistlichkeit zu überwachen. Sein Vorbild war David, der klassische König des alt-

4. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 122

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
122 I. Die Renaissance. jeher Amtssprache gewesen, und die Schätze althellenischer Dichtung und Philosophie wurden von den byzantinischen Bibliothekaren (Philologen) aus das sorgfältigste gehütet. Durch den erneuten Verkehr zwischen Morgen- und Abendland wurde nun die hellenische Bildung zum zweiten Male nach Italien verpflanzt; nicht nur die Diplomaten brachten Handschriften und andere Schätze mit in die Äeimat zurück, sondern es wanderten auch Tausende von Gelehrten vor den islamitischen Eroberern nach Italien aus und brachten griechische Schriften mit. Über Italien lagerte sich damals eine durch päpstliche Bullen noch genährte „Ruinensentimentalität". Der Apollo von Belvedere und die Laokoongruppe wurden aufgefunden, und das eifrige Suchen nach lateinischen Urkunden war bereits im vollen Gange. Dazu die griechischen Geistesschätze aus Ostrom! Welcher Fortschritt seit den Tagen Petrarcas, der, ein Zeitgenosse Karls Iv., zwar bereits eine &omerhandschrift besessen, aber die Sprache noch nicht verstanden hatte. Lateinische und griechische Kultur wurden im ersten Eifer als eine Einheit angesehen, und nun begann nicht bloß eine förmliche „Jagd nach echten Quellen" \ sondern es wurde auch das gesamte Bildungsleben Italiens und damit ganz Westeuropas von Grund aus geändert. Gleich den Spielleuten des Mittelalters und den Sophisten Athens zogen humanistische Lehrer von Ort zu Ort, scharten die vornehme Jugend um sich, erzwangen sich Zugang zu den Universitäten, deren theologisch-kirchliche Verfassung sie dem neuen Geist entsprechend umgestalteten, zu den zahlreichen großen und kleinen Monarchensitzen, z. B. Mailand, Ferrara, Mantua, Florenz, wo sie ein neues Fürstenbildungsideal im humanistischen Sinne schufen. Der gebildete Fürst ist nun nicht mehr der Ritter, sondern der Gönner der Wissenschaften, der „Mäzen" der Künste, wie etwa Kaiser Maximilian oder Alphons von Este (vgl. Goethes „Tasso"), Ariosts Gönner, der in Ferrara das prächtigste Schauspielhaus seiner Zeit errichtete und die Blüte des italienischen Theaters begründete. Die »höveschheit« weicht der Geistesbildung. Auch an den Sitzen der Kirchenfürsten fand der Humanismus Pflege, selbst im Vatikan. Bewußte Opposition gegen die Kirche war ihm ja fremd. An den zahlreichen geistlichen wie weltlichen Äöfen Italiens und Deutschlands, auch in Frankreich und England, entstanden in regem Sammeleifer die Anfänge der weltberühmten, reichen Bibliotheken, z. B. im Vatikan, in Mailand, Wien, Ofen, Paris, London. Auch Patriziergeschlechter 1 Vgl. C. F. Meyers Novelle: „Plautus im Nonnenkloster".

5. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 123

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
I. Die Renaissance- 123 der italienischen Bildungszentren, wie die Florentiner Medici und die adligen Herren von Venedig, legten berühmte Büchereien und Kunstsammlungen an. Von Florenz aus wurde um 1450 der Humanismus nach Rom verpflanzt; der glänzendste Vertreter der Renaissancepäpste, Leo X., ist diesem Äause entsprossen. Rom blieb Mittelpunkt der neuen Bildung, bis um 1540 die Gegenreformation von hier auszog, um sie zu bekämpfen. Die Kopierindustrie im Bunde mit der Buchdruckerkunst ermöglichte rasche Vervielfältigung der Klassikerausgaben. Durch den Humanismus änderte sich das Bildungsideal auch insofern, als eine neue soziale Scheidung der Menschen in Gebildete und Angebildete aufkam. Bisher hob sich der des Lateinischen, der Schrift und des Lesens kundige Stand der Kleriker von der dieser Künste baren Laienwelt ab — selbst Wolfram von Eschenbach bekennt: »ich enkan deheinen buochstap« —; fortan galt Bildung für gleichbedeutend mit Kenntnis der alten Sprachen und der von ihren Autoren bearbeiteten Sachgebiete. Die Pfleger und Träger dieser neuen Bildung, von denen die Kirche aus ihrem ausschließlichen Erzieheramt verdrängt wurde, waren Patrizier, Ritter, Fürsten, Bürger und Bauernsöhne, auch Geistliche. Diese humanistische Schicht sehte sich also aus allen Gesellschaftskreisen zusammen. Die gesamte Kultur wurde mit Elementen, besonders auch mit Sprach-gut aus der Antike durchtränkt. Auf den höheren Schulen wurde die heimische Sprache durch die lateinische oft völlig verdrängt. Auch Briefe, Erlasse und Akten, Dichtungen und Ansprachen geistlicher wie weltlicher Herren reden gern in Ciceros Stil. Das klassisch-humanistische Bildungsmonopol, das damit aufkam, hat seine Ausschließlichkeit gegenüber der realistischen Bildung bis ans Ende des 19. Jahrhunderts zu wahren gewußt. In die Nationalsprachen, soweit man sich ihrer bediente, drang bei solcher Hochschätzung der alten Sprachen eine Flut von Fremdwörtern ein, gegen die seit den Bemühungen der Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts bis heute ein nicht immer erfolgreicher Kampf geführt wird. Zahlreiche alte Tauf- und Familiennamen, auch auf deutschem Boden, wichen für immer gräzisierten und latinisierten Formen; vornehmlich wurden antike Herrscher- und Heroennamen bevorzugt. Diesen Auswüchsen steht freilich die hohe wissenschaftliche Bedeutung des Humanismus gegenüber. „Zurück zu den Quellen!" dieses Losungswort wurde die Grundlage der neueren Wissenschaft und ihrer Forschungsweisen. Damit war die Scholastik überwunden, die in der Wissenschaft die Magd des Glaubens sah. ilnt> insofern der Humanismus auch die altkirchliche Literatur aus dem Staube der Klöster hervorzog (man denke z. B. an Erasmus' erste kritische Aus-

6. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 124

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
124 I. Die Renaissance. gäbe des griechischen Neuen Testaments 1516 und an seine Ausgaben der Kirchenväter, besonders Augustins), schuf er zugleich die Waffen--rüstung der deutschen Reformatoren. 3. Dichtung und Geschichtschreibung, Rechts-, Staatsund Wirtschaftsfragen. Der Glaube an die Vorbildlichkeit der Antike, besonders der römischen Schriftsteller und Dichter, erzeugte sogar eine neulateinische oder das Latein nachbildende Dichtung, die in den westeuropäischen Staaten, zunächst wiederum in Italien, die Nationalsprachen und die altheimischen Stoffe aus der Literatur vielfach verdrängte. Diese von der Überzeugung der Lehr- und Lernbarkeit getragene konventionelle Renaissancedichtung, die in Deutschland glücklicherweise erst seit Opitz festen Fuß faßte, aber bis zu den Tagen Lessings und Äerders herrschte, bevorzugte die Verwendung von biblischen und antiken Stoffen und Pflegte mit Vorliebe Epos, Drama und Novelle. Ariosts „Rasender Roland" greift zwar auch in die mittelalterliche Stoffwelt hinein, aber der Dichter springt bezeichnenderweise ganz frei mit den Stoffen um. Der in schönen Stanzen schwelgende Renaissancemensch hat an dem Gegensatze von Christentum und Heidentum kein Interesse. Ganz anderen Geist atmet dagegen um 1570 Tassos „Befreites Jerusalem". Auch Tasso lebte, wie Ariost, an dem Mäzenatenhofe in Ferrara. Aber aus seinem den Glauben glutvoll verherrlichenden Epos weht uns bereits der Groll der Gegenreformation entgegen. Auch das Drama fand am Äofe der Este reiche Pflege. Der Naturfreude der Renaissancedichtung kamen besonders die Äirten-und Schäfergedichte Virgils entgegen, die unter anderem der deutschen Kunst von Opitz bis Goethe Anregung boten. Auch die von der Antike befruchteten Novellenstoffe der Renaissance sind Fundgruben für spätere Jahrhunderte geworden. Außer Sans Sachs und seinen Zeitgenossen haben besonders Shakespeare und Lafontaine daraus geschöpft. Die sormenreiche neulateinische Dichtung hat zwar der einheimischen Verwilderung entgegengewirkt, auch in Deutschland, sie mußte aber absterben, weil sie nicht der Volksseele entwachsen war. Erst unseren großen humanistisch-klassischen Dichtern gelang die fruchtbare Verschmelzung antiker und moderner Kunst. Ebenso änderte die Geschichtschreibung unter dem Einflüsse der Alten ihren Charakter. Der an Thukydides und Polybios, Livius und Tacitus geschulte Humanist konnte an der naiven, örtlich beschränkten und kritiklosen Darstellungsart mittelalterlicher Chronisten

7. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 125

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
I. Die Renaissance. 125 keinen Gefallen mehr finden. Nach antikem Vorbilde gilt es jetzt, Quellen zu sichten und rhetorisch zu schreiben. 1473 wurde in Nürnberg die „Germania" des Tacitus zum ersten Male gedruckt. Das Vorbild der Alten überträgt man auch auf die Stoffe der heimischen Gegenwart und Vergangenheit, und so erwachst eine nationale Geschichtschreibung. So schildert Sleidanus, ein Straßburger Rechtsgelehrter „aus Sleida" bei Köln, in lateinischer Sprache die Vorgänge von Luthers Auftreten bis zu Karls V. Abdankung ; Hugo Grotius erzählt in Tacitus' Art den Heldenkampf seines niederländischen Volkes. Teilweise reden die Verfasser sogar in einheimischer Sprache; so wurde Macchiavellis „Geschichte der Stadt Florenz" mustergültig für die italienische Prosa. In Deutschland traten eine Anzahl älterer Humanisten, unter ihnen der Nürnberger Diplomat und Kriegsmann Pirkheimer, als kritische Bearbeiter und Herausgeber älterer deutscher Geschichtsquellen hervor. Der an der Antike geschulte Sinn mußte nach und nach der gesamten kirchlich-mittelalterlichen Lebensanschauung gefährlich werden. Eine Zeitlang liefen zwar die neuen Anschauungen unausgeglichen und friedlich neben der kirchlich-dogmatischen her, doch schließlich brach das Alte entwurzelt zusammen. Die allmähliche Untergrabung läßt sich auf deutschem Boden in den verschiedensten Richtungen beobachten, z. B. ant Wandel der Rechtsanschauungen, des Staatsideals, des naturwissenschaftlichen Weltbildes, des philosophischen Denkens und der Bewertung des Menschen. In der Rechtsanschauung bringt die Renaissance den Abschluß einer Jahrhunderte alten Entwicklung. Hatten sich die deutschen Kaiser von jeher als die Nachfolger der römischen Imperatoren angesehen, auf deren Rechtsboden sich z. B. Barbarossa den italienischen Städten gegenüber stellte, so begannen sie seit den Tagen Petrarcas und Dantes grundsätzlich auf die Antike zurückzugreifen und im Kampfe gegen aufstrebende Kirchen- und Laiengewalten ihre Ansprüche auf das römische Recht zu begründen. Zwar stieß die Anwendung der einer ganz anderen Kulturlage entstammenden römischen Rechtssätze in Deutschland auf Widerspruch und Haß; sie wurden als eine das volkstümliche Rechtsgefühl verletzende Erscheinung empfunden; indessen angesichts der Fülle von Stadt-, Territorial-, Reichs-und Kirchensatzungen, die ein einheitliches Reichsregiment unmöglich machten und auf den Reformkonzilien stets Anlaß zu berechtigten Klagen boten, erschien das fremde Recht immerhin als ein Heilmittel und drang um 1460 zugleich mit dem Humanismus im ganzen Reiche rasch durch. Kaiser wie Territorialherren und ritterliche Barone

8. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 129

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
I. Die Renaissance. 129 kühne Aufgabe schreckt; welch scharfer Wirklichkeitsblick in Leonardos und Raffaels Kunstwelt, wo alles Himmlische die Art der Erde annimmt, wo Männern und Frauen die kraftvolle Gegenwart das Gepräge verleiht. Aber auch deutsche Künstler atmen diesen durchdringenden Geist der Fülle und Kraft. Man denke an Dürers Melancholie und Rubens' Kreuzabnahme, an deutsche Fürstenschlösser und Patrizierhäuser, an die Blüte des Kunsthandwerks etwa in Alm, Nürnberg und Rotenburg, wo die kunstgewerbliche Pracht des kaiserlichen Rom eine Wiedergeburt feierte. So erhebt sich die Kunst, die im Mittelalter ausschließlich im kirchlichen Dienste gestanden hatte, nun erst zu ihrer eigentlichen Löhe und sucht zeitgemäße, stolze Ausdrucksformen für die Seele der Gegenwart, für den Reichtum der Wirklichkeit, die einst nur schüchtern als Randverzierung sich neben der Darstellung des Ewigen hervorwagen durfte. Besonders folgenreich war die Tatsache, daß der auf dem Boden der Erfindungen und Entdeckungen aufsprossende Zuwachs an Kenntnissen schließlich in enge Berührung mit dem Humanismus trat. Ausgehend von dem Gehalt der Antike, sucht der humanistische Gelehrte die neuen Kenntnisse und Forschungsweisen mit jenem zu einer einheitlichen Bildung zu verschmelzen, und so erzeugt die Renaissance jene Aniversalmenschen, in deren Köpfen alle Wissenschaften noch gemeinsame Pflege finden. Man denke an Männer wie Leonardo, Michel Angelo, Dürer, Nicolaus von Cues und als letzten an Goethe. Am üppigsten blühte die mathematisch--naturwissenschaftliche Forschung auf. Äier gelang der verwegenen Zeit der höchste Triumph. Auch hier ging der Weg über das Studium der Alten, deren Wissen ergänzt, kritisch beleuchtet, nötigenfalls durch Induktionsergebnisse widerlegt und in siegreichem Weiterdringen überholt wurde. Die Antike (Ptolemäus, Plinius) hatte das geozentrische Weltbild gezeichnet, und das ptolemäische System wurde durch die Renaissance zunächst noch weiter ausgebildet, bis die im Bunde mit der Mathematik stehende Astronomie (die erste Sternwarte in Nürnberg um 1450) das alte Weltbild zerschlug und die heliozentrische Betrachtung, die das Altertum nur flüchtig geahnt hatte, an feine Stelle setzte (Galilei, Kepler). Das war nach Herder und Goethe die größte Tat der Menschheit. Zwar eiferten dagegen die Asketen, mit ihnen selbst Geister wie Melanchthon, aber vergebens. Die Stellung des Menschen im All war nun völlig verändert; keiner Autorität mochte er mehr trauen; der Zweifel erschien als Anfang der Weisheit, und an die Stelle des alten deduktiven (Aristotelisch-scholastischen) „Organon" mußte ein »Novum Organum« (Baco), d. H. eine neue induktive Forschungsmethode Kästner und Brunner, Geschichte. Ii. B. 9

9. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 133

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
I. Die Renaissance. 133 mehr aristokratisch gearteten Gelehrten des Auslandes gern in derber Volkssprache an die breiten Volksmassen wandten und ihnen in ihrer Sprache den sittlichen Gehalt der Antike nahebrachten. Ein leuchtendes Beispiel für diese Entwicklung bietet der oberfränkische Ritter und Dichter Ulrich von Lutten, in dessen Leben Renaissance und Reformation, lateinische und deutsche Dichtung und Sprache gleichmäßig bedeutsam sind. 6. Zug zur Verinnerlichung; der Faustcharakter. Inmitten der Derbheit und Sinnlichkeit wurde aber der Freiheitszug der Zeit doch auch wieder zur Quelle fruchtbarer Verinnerlichung in denjenigen Volkskreisen, wo nach dem Verfall der Kirche der nun auf sich selbst angewiesene Mensch in ernster Gewissensnot seine religiösen Anliegen persönlich zu ordnen wagte. Solchen Gemütern konnte die Kunst nichts geben, die neuerschlossene Bibel alles. Luther hat während seines mehrwöchigen Aufenthaltes in Rom weder von Michel Angelos Sixtinischen Deckengemälden noch von Raffaels weltgeschichtlichen Fresken in den vatikanischen Stanzen etwas gesehen oder gehört; sein Äerz war wie das Tausender von dem Sehnen erfüllt, das Dürer seiner „Melancholie" und „dem heiligen Hieronymus" eingehaucht hat. Darum genügte so vielen deutschen Künstlern der Zeit der schlichte Holzschnitt zum Ausdruck dessen, was sie bewegte; Wahrheit, nicht Schönheit steht für sie in Frage. Deutsche Innigkeit, ohne die Luthers Werk unerklärlich bliebe, verrät auch die deutsche Baukunst der Zeit, die bei aller Anlehnung an italienische Vorbilder doch von deutscher Traulichkeit und Enge nicht loskommt. So fruchtbar aber auch die Verinnerlichung war, zu der die deutsche Renaissance sich vertiefte, so revolutionär und sündhaft erschien den Altgläubigen die Bewegung, der die Kirche des Mittelalters zum Opfer fiel. In ihren Kreisen lebte das Bild Fausts weiter, jenes abenteuerlichen Scharlatans und Zauberkünstlers, der als des „Teufels Genosse" ein schreckliches Ende nahm. Auf ihn übertrugen fromme Gemüter der Zeit und der folgenden Geschlechter mit Eifer uralte Mären von Teufelsbündlern und Zauberern. Unersättliche Genußsucht, freche Verachtung heiliger Überlieferung, über-mütig-dreistes Rütteln an verschlossenen Pforten und Forschen nack den geheimen Naturkräften, Verehrung der heidnischen Antike und andere Laster sagte man dem „schwarzen Gesellen" nach. Protestanten und Katholiken haben im Zeitalter der Orthodoxie (16. und 17. Jahrhundert) gemeinsam über den Teufelsgenossen zu Gericht gesessen und die Fabel gedichtet, die das erste in Frankfurt a. M. 1587 gedruckte

10. Heimatkunde vom preußischen Regierungsbezirk Kassel (Kurhessen) - S. uncounted

1905 - Frankfurt a. M. Leipzig : Neumann Kesselring
Kesselringsche Hofbuchhandlung — Verlag — (@. v. Mayer) Frankfurt a. M. — Leipzig.___ Heschichte von Arankfurt am Main Mit Ansichten und Plänen der Stadt aus älterer und neuerer Zeit von Anton Borne. Kleine Ausgabe. preis elegant kartoniert Hit j.i5. Große Ausgabe. Pierte erweiterte und verbesserte Auslage, preis elegant gebunden Mk. y.—. Die Frankfurter Nachrichten schreiben in Nr. 311 von 1902: Muß eine Stadt wie Frankfurt a. M., mit ihrer reichen tustorischen Vergangenheit als Handels- und Krönungsstadt, mit ihren mannigfachen geschichtlichen Denkmälern an sich schon befruchtend auf jedwede künstlerische Betätigung wirken, so gewährt sie besonders dem Historiker ebenso inhaltsvolle wie vielseitige Anregung. Es «st denn auch in der Tat kein Mangel nn gleich gediegenen als umfangreiche^ Darstellungen der Geschichte der alten Römer» und Dom, Stadt am Main. Das nunmehr in vierter Auflage vorliegende Werk Hornes versolgte aber von Anfang an ein anderes Ziel, nämlich dasjenige einer knapp zusammenfassenden, zunächst zur Einführung der Jugend in die vaterstädtische Geschichte bestimmten Auswahl. Indessen, mit jeder nachfolgenden Auflage sich erweiternd, ist aus dem ursprünglichen heimatgeschichtlichen Lese» buch für die Jugend durch Hinzufügung neuer Abschnitte und eine, auf Grund der neueren und neuesten Forschungen vorgenommene Umarbeitung, hauptsächlich der einleitenden Kapitel, ein den Zwecken der Allgemeinheit dienendes kleines vaterstädlisches Geschichtswerk geworden. Aus der Reihe der neu auf- genommenen Abschnitte sei vor allem des pietätvollen literarischen Denkmals erwähnt, das berühmten, bereits in Erz und Stein geehrten Frankfurtern der neueren Zeit, wie Goethe, Börne, Bethmann, Dalberg, — --------- ~ " ' ' " ------------ — die limg .........Mw........_________________ . Ergebnisse der neueren Forschungen, insbesondere auch diejenigen bei bedeutsamen Ausgrabungen in der Stadt und deren Umgebung, namentlich bei Heddernheim, entsprechende Berücksichtigung gefunden haben, «st bereits oben kurz erwähnt worden. Die Zahl der, nebenbei bemerkt, auch mit erläuterndem Text versehenen Ansichten und Pläne der Stadt ist in der neuen Auflage auf über drei Dutzend angewachsen. Der so vielfach bereicherte Inhalt wird denn auch im Verein mit einer mustergültigen Ausstattung nicht ver« fehlen, dem Buche in weiteren Kreisen neue Freunde zu werben. Wer geographische Kenennnngen ans der näheren und weiteren Umgebung von Frankfurt a. M, nebst Berücksichtigung der wichtigeren Gebirge, Flüsse und Städte des größeren Vaterlandes von Anton Hörne, Lehrer a. D. Preis Mk. 2.—. Frankfurter Echulzeitnna 1fp1 Nr. 5 schreibt: Würdig reiht sich die gediegene Arbeit dem bekannten größeren We>k des Verfasse»s: „Geschichie der Stadt Frankfurt a. M." ... an. Wie d«ele« dem hiesigen Lehrer beim Unterricht in der Heimatkunde die wichtigsten Dienste leistet, so kann auch Knfx feintjt ytameiibetttungen und »Ableitungen zur Belebung des Unterrichts in Geographie und Geschickte, zur Weckung des Interesses an Vaterstadt und Baterland reiche Gelegenheit geben.--- *5erneft man sich in die vorliegende Scknft, so gewinnt man, das sei dem Autor gern bescheinigt, auch ohne .Forfiemann" angesehen zu haben, eine Vorstellung von dem nicht unbedeutenden Stück Arbeit, das ver venasser geleistet hat. Sie sei allen, die nach den oben angedeuteten Richtungen das Bedürfnis der Beledrimg fühlen, aufs wärmste empfohlen.
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